SYNDROM - Die zum überwiegenden Teil poetischen Titel der Kompositionen von Juro Mětšk verweisen zugleich auf deren innere Vorgänge, als auch auf musikübergreifendes Denken, denn sie stammen zumeist aus außermusikalischen Bereichen. Der aus der Transposition in die Musik resultierende Verfremdungseffekt legt vielschichtige assoziative Möglichkeiten frei und lenkt so die Phantasie des Hörers in bestimmte Richtungen, ohne diese durch semantische Eindeutigkeit einzuschränken. Syndrom beispielsweise ist dem medizinischen Vokabular entnommen. Der Begriff meint hier aber weniger medizinische Indikationen, als vielmehr ganz allgemein (und in gewisser Weise abstrakt) "Zusammenwege".
Zusammenwege vollziehen sich dabei musikalisch-vielschichtig in mehreren Ebenen gleichzeitig. Während zum Beispiel auf der Ebene der Instrumentation möglicherweise die Osmose der Streicher mit dem Holzbläserblock - vermittelt durch das Klavier als quasi achsiales Zentrum - gemeint sein kann, bezieht sich der Titel im strukturellen Bereich vermutlich auf die prozessualen Wandlungen des einmal gewählten Materials, das, unablässig fluktuierend, viele Stadien durchläuft: kontinuierlich - durchbrochen, bewegt - starr, biegsam - zerfetzt, still - aufbrechend, monophon - polyphon, schillernd - grau, gruppig - statistisch, dünn - dick, schmal- breit, auseinanderstrebend - in sich zusammenziehend, gespreizt - enggeführt, spitz - öd... Immer als graduelle Transformation von einem Zustand in den anderen.

Armin Köhler