Gerald Felber über Juro Mĕtšk (Einführungstext zur CD "Juro Mĕtšk - Kammermusik")

1954 in Bautzen geboren, studierte zunächst Komposition an der Hochschule für Musik “Hanns Eisler”in Berlin. 1976 schloß er dieses Studium ab. Im gleichen Jahr nahm er eine Lehrtätigkeit (Musiktheorie, Klavier) an der Musikschule im sächsischen Flöha auf. Von 1980 bis 1983 besuchte er Reiner Bredemeyers Meisterklasse für Komposition an der Berliner Akademie der Künste (DDR). Seit 1986 lebt er in Bautzen als freischaffender Komponist, nachdem er dort zwischenzeitlich als Musikdramaturg des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters gewirkt hatte. Für sein Schaffen erhielt er unter anderem die Kompositionspreise „Hans Stieber“ (1985) und „Forum junger Komponisten“ der Städte Köln, Bonn und Mönchengladbach (1989). Internationale Beachtung fand Mĕtšk mit seiner Komposition KONTRAKTION, die bei den Donaueschinger Musiktagen 1988 zur Uraufführung kam.

Als Angehöriger der Generation von Nachkriegsgeborenen sah sich der Komponist vor ästhetische Entscheidungen gestellt, die vor der postmodernen Infiltration nichts Akzidentielles an sich hatten, sondern wesentlich waren. Es galt, zwischen den Polen des europäischen Serialismus einerseits und den Konzeptionen amerikanischer Komponisten wie John Cage oder Morton Feldman andererseits einen Standort zu finden: intellektuell, rational, von musikimmanenten Überlegungen ausgehend die eine Position; intuitiv, transzendental, synästhetisch die andere. Mĕtšk nun orientierte sich deutlich am Serialismus, an den Weiterentwicklungen der Wiener Schule. Doch avancierte er nicht zum Vertreter eines orthodoxen, von präfabrizierten Denkmodellen bestimmten Reihendenkens. Vielmehr verstand er es immer wieder, sich von technologischen Zwängen zu befreien. Die völlige Abwesenheit falscher Routine, sich von Werk zu Werk wandelnde Strukturen, für die nur selten historische Vorbilder zu finden sind, akribisch ausgearbeitete Details und die souveräne Gesamtgestaltung führen zu Kompositionen, die trotz der gründlich reflektierten Materialbeschränkung und des geringen Raumanspruchs von hoher Tiefenwirkung sind. Mĕtšk schuf eine rare Spielart intelligenter Musik, die den Hörer nicht einengt, sondern ihm eine Vielzahl eigener Assoziationen ermöglicht, sie aber auch von ihm verlangt.